Bewertung von Poststempeln
Die Bewertungen gelten nur für Ganzstücke, auf losen Marken nur zwischen 20% und 50% des Wertansatzes!
Diese Zeilen schreibe ich nicht für den versierten Altbrief- bzw. Bayernsammler, sondern für die Philatelisten, die sich einmal an eine Heimatsammlung wagen wollen. Wie bei allen philatelistischen Objekten ist ein Poststempel auf einem Brief, einer Postkarte oder Briefmarke genauso viel wert, wie ein anderer Sammler bereit ist dafür zu bezahlen. Damit könnte ich aufhören. Die Antwort ist vollständig wahr, aber irgendwie unbefriedigend. Der Sammler sucht Orientierung. Die will ich versuchen zu geben, aber eines will ich gleich vorausschicken, "den Katalogpreis" bei Poststempeln, den gibt es nicht.
Das Problem der Bewertung ist dreigeteilt:
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Stempel der Vorphilazeit (bis 1849)
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Stempel in der Kreuzerzeit (1849-1874)
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Stempel in der Pfennigzeit (1875-1920)
In allen drei Gruppen will ich aus der Vielzahl der Bewertungsprobleme einige herausgreifen. Doch vorausschicken will ich, dass alle meine Bewertungen nur für klare saubere und vollständige Stempelabschläge auf einwandfreien und sauberen Belegen gelten.
Wovon hängt der Wert eines Vorphila-Stempels (Poststempel aus der Vormarkenzeit) ab ? Natürlich von der Seltenheit, aber Seltenheit kann sehr schnell vorbei sein, wenn ein neues Archiv aufgelöst wird und plötzlich 20 oder 30 Briefe mit einem Stempel auftauchen von dem bisher nur 2 Exemplare bekannt sind. Der Archivauflöser wird natürlich bemüht sein, dieses geheim zu halten. Doch spätestens beim zweiten Exemplar in einer Auktion wird die Fachwelt hellhörig und es wird ein rapider Wertverfall einsetzen. Der Wert hängt natürlich auch von der Nachfrage ab. Wie viele Sammler gibt es, die an einem bestimmten Stempel Interesse haben könnten? Der Generalsammler kauft nur preiswert, sonst würde seine Sammlung nicht mehr finanzierbar sein. Der Heimatsammler bewilligt meist höhere Preise, aber nur solange, bis er ein schönes Exemplar seiner Begierde in den Händen hat. So wird für den Verkäufer aus einem 100 € Beleg schnell ein Ladenhüter, für den er bei Ebay vielleicht noch 15 € erzielt.
So dies war die marktwirtschaftliche Seite, doch es gibt auch eine philatelistische Seite. Der Stempel auf einer Briefhülle bringt weniger als auf einem vollständigen Brief. Die Zeit spielt natürlich auch eine Rolle. Ein anscheinend völlig normaler Brief mit einem relativ billigen Stempel, verwendet zur bayerischen Besatzungszeit im Fürstbistum Salzburg, Tirol, Vorarlberg oder im vorderösterreichischen Württemberg, ja sogar im heutigen Bayern (schwäbische Teile davon gehörten zu Vorderösterreich) erzielen erstaunlich hohe Preise. Für die nachnapoleonische Zeit sind nicht nur die Stempel-Sammler wichtig. Hier gibt es Sammler, die nach Destinationen, Transitwegen und seltenen Gebühren sammeln. Der Stempel ist hier nur eine Beigabe.
Sie müssen lernen auf die Geschichte zu hören und diese zu verstehen, die ihnen ein Brief erzählt. Ein Vorphilabrief gewinnt um so mehr an Wert je besser sie seine "Geschichten" erzählen können.
Kommen wir zur Kreuzerzeit, die mit der Einführung der ersten deutschen Briefmarke in Bayern 1849 beginnt. Ein Halbkreisstempel aus der Vorphilazeit, kurz nachverwendet in der Markenzeit, kann teuer sein. Doch auch hier kommt es auf die Verwendung an. Handelt es sich um einen markenlosen Dienstbrief, oder ist damit die Briefmarke gestempelt, oder ist es nur der Nebenstempel? Handelt es sich um einen Auslandsbrief in ein Land, wo überhaupt noch keine Frankierung durch Marken zugelassen war oder ist es ein normaler Portobrief? Grundsätzlich gilt in der Kreuzerzeit: Der Wert eines Poststempels hängt natürlich ab von der Größe des Postortes und seinem Postaufkommen, aber auch davon, mit welcher Briefmarkenausgabe der Stempel zusammen vorkommt. Hier verweise ich auf die Handbücher von Peter Sem.
Ist der Stempel nur als Teil auf Marke oder auf Brief? Ist es nur ein Dienstbrief? Der Wert eines Belegs hängt natürlich auch von Portostufen, Destination usw. ab.
Bleibt die Bewertung in der Pfennigzeit. Aus dieser Zeit gibt es Poststatistiken mit dem Postaufkommen der einzelnen Postorte. Nach diesen Statistiken und der Verwendungsdauer der Poststempel, natürlich auch nach Marktbeobachtung und sehr großer Erfahrung, bewertet Joachim Helbig in seinem Handbuch die Poststempel der Pfennigzeit. Eine Bewertung auf Vorkommen auf bestimmten Markenausgaben (Ganzsachen) gibt es nur ansatzweise in den ersten Jahren der Pfennigzeit.
Das Postaufkommen der Posthilfsstellen wurde in den Statistiken nicht erfasst. Deswegen lässt sich über die Häufigkeit oder Seltenheit von bayerischen Posthilfsstellen kaum eine Aussage machen. Natürlich gibt es ein paar häufige, aber es gibt sicher auch welche, die nur mit 100 € oder wenig mehr bewertet sind und sie sehen sie ein Leben lang nicht.
Ich hoffe, sie haben verstanden, dass meine Bewertungen, die ich aus den Handbüchern übernommen habe, nicht mehr sein können als Orientierungshilfen. Der Wert eines Belegs entscheidet sich erst in der konkreten Kauf- bzw. Verkaufssituation und je mehr Wissen sie haben, desto bessere Verkaufsargumente haben sie. Und als Käufer können sie Preise bewilligen, über die ein anderer nur den Kopf schütteln kann. |